Modelle für die Entwicklung digital-analoger Gesamtstrategien

Heute meldet sich wieder der Berater des Kulturzentrums zu Wort.

Heute meldet sich wieder der Berater des Kulturzentrums zu Wort. Mein Name ist Christoph Deeg und ich berate und begleite das Kulturzentrum bei seinem Transformationsprozess. In diesem Beitrag möchte ich auf die Modelle eingehen, die ich in meiner Arbeit anwende. Es handelt sich dabei nicht um starre Prozesse, die dogmatisch Schritt für Schritt umgesetzt werden. Es geht vielmehr um gedankliche Ansätze und Perspektiven, die es mir ermöglichen, den Ist-Zustand zu analysieren und mögliche Strategien anzudenken. Diese Modelle wurden von mir selbst entwickelt und können gerne weitergegeben, genutzt und weiterentwickelt werden. 

Das TFK-Modell

Das TFK-Modell ist ein sehr einfacher, aber effizienter Ansatz für die Analyse und Gestaltung digital-analoger Transformationsprozesse. Die Idee hinter diesem Modell ist sehr einfach: jeder Prozess, jede Ressource wird aus den drei Perspektiven „Technologie“, „Funktion“ und „Kultur“ betrachtet. Die Perspektive der „Technologie“ betrachtet alle technologischen Aspekte, also sowohl die Ressourcen als auch weitergehende technologische Rahmenbedingungen. Die Perspektive der „Funktion“ beschreibt alle Handlungen, Services, Tätigkeiten, die sich mit der Technologie bzw. den technologischen Ressourcen umsetzen lassen. Die Perspektive der „Kultur“ meint zweierlei: zum einen geht es um die Frage, was mit den Menschen passiert, wenn sie diese Technologie mit ihren Funktionen kontinuierlich nutzen. Es entstehen beispielsweise unterschiedliche Sichtweisen und Handlungsmuster und ebenso neue Bedarfe und Bedürfnisse, da sich der Optionsraum dieser Menschen erweitert. Zum anderen geht es um die Frage, welche systemischen Rahmenbedingungen benötigt werden, um diese Technologie mit ihren Funktionen möglichst vollumfänglich und mehrwertstiftend zu nutzen. Das TFK-Modell hilft, die Ist-Situation aber auch Zukunftsvisionen genauer zu analysieren. Man kann auf diesem Weg die unterschiedlichen Perspektiven und Sichtweisen auf das Thema Digitalisierung kommunizieren und übersetzen. Zudem wird sichergestellt, dass man im Kontext der digitalen Transformation nicht den Fehler macht, sich primär mit Technologien zu beschäftigen.

Das Modell der drei Optionsräume

Das nächste Modell ist das „Modell der drei Optionsräume“. Dieses Modell geht davon aus, dass es drei Varianten von Optionsräumen für digital-analoge Prozesse gibt. Die erste Variante ist der wahrgenommene Optionsraum. Er beschreibt alles, was die Organisation im Bereich Digitalisierung tut. Die zweite Variante ist der sogenannte erweiterte Optionsraum. Dabei geht es um die Handlungen und Prozesse, die mit den vorhandenen Rahmenbedingungen umsetzbar wären, bis jetzt aber noch nicht umgesetzt werden. Die dritte Variante schließlich ist der allgemeine Optionsraum. Damit ist der gesamte digitale Raum mit allen daraus resultierenden Möglichkeiten gemeint. Dabei ist es unerheblich, ob dieser Optionsraum zum jetzigen Zeitpunkt umsetzbar beziehungsweise nutzbar ist oder nicht. Die erste Variante, der wahrgenommene Optionsraum ist wichtig, um den Ist-Zustand zu analysieren. Hier geht es vor allem um alles, was bereits umgesetzt wird. In diesem Zusammenhang können auch etwaige Risiken, die mit den aktuellen Prozessen verbunden sind, identifiziert und bearbeitet werden. Auch die zweite variante, der erweiterte Optionsraum kann helfen, den Ist-Zustand besser zu verstehen. Die hier definierten Prozesse sind aber noch gar nicht von der Organisation umgesetzt worden, eine Umsetzung wäre aber grundsätzlich ohne größeren Aufwand möglich, weil die dafür notwendigen Rahmenbedingungen vorhanden sind. Hier geht es also um die Frage, warum die Organisation bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht in der Lage war, diese Variante des Optionsraumes zu füllen? Bei der letzten Variante, dem allgemeinen Optionsraum geht es um die Frage, welche möglichen digitalen Technologien und Funktionen in der Zukunft für die Organisation relevant werden könnten, und was getan werden müsste, damit man, sobald diese Relevanz eintritt, die Organisation in der Lage ist, diese Optionen vollumfänglich zu nutzen. Es geht also um einen Blick in eine mögliche Zukunft und die Vorbereitung der eigenen Organisation auf den Moment, wenn diese Zukunft real wird. Man könnte auch sagen, der allgemeine Optionsraum ist nichts anderes als der Trigger für weitergehende Prozesse im Bereich Innovationsmanagement.

Die drei Muster digital-analoger Prozesse

Das nächste Modell beinhaltet ebenfalls drei Bereiche oder Schichten. Und auch in diesem Modell geht es um digitale Strategien beziehungsweise digital-analoge Transformationsprozesse. Während wir beim zweiten Modell primär von Optionsräumen gesprochen haben, schauen wir uns bei diesem Modell die Struktur der vorhandenen Prozesse an. Wir unterscheiden dabei drei unterschiedlichen Prozessmustern. Das erste Muster beschreibt digitale Prozesse, die aus analogen Prozessen hervorgegangen sind, wobei aber die Logiken und die Kultur des ursprünglich analogen Prozesses beibehalten werden. Die zweite Ebene beschreibt Prozesse, die ebenfalls aus einem analogen Prozess in ein digitales Format übertragen wurden, wobei aber die Logiken und die Kultur des digitalen Raumes übernommen wurden. Die dritte Ebene schließlich beschreibt digitale Prozesse, die keinen analogen Vorgänger mehr haben oder aber deren analoger Vorgänger nur noch als gedanklicher Ansatz vorhanden ist. 

Ich möchte diesen Ansatz an einem konkreten Beispiel konkretisieren: nehmen wir die Videokonferenzen. Im Kontext der Pandemie haben wir zumeist versucht, Videokonferenzen zu nutzen, um analoge Formate wie Workshops und analoge Treffen zumindest im Digitalen zu ermöglichen. In vielen Fällen wurden die Logiken, Erwartungshaltungen und Zielsetzungen aus dem Analogen übernommen. Das Ergebnis war, dass die meisten Teilnehmer*innen in solchen Veranstaltungen kontinuierlich frustriert waren. Das Digitale war nicht in der Lage, den analogen Raum, das analoge Treffen zu ersetzen. Viele Meetings folgten den gleichen Mustern wie sie auch im analogen Raum stattgefunden hätten. Es wäre mit Sicherheit besser gewesen, diese Prozesse nicht nur in ein digitales Format zu übertragen, sondern dass man sich auch überlegt, welche Möglichkeiten sich durch die Digitalisierung ergeben, die im analogen Raum nicht möglich sind. Ziel wäre also gewesen, aus den Videokonferenzen eigene Formate zu machen, die Mehrwerte schaffen, auch wenn sie nicht im analogen Raum stattfinden. Gerade im Kontext der Nachhaltigkeit wäre dies interessant gewesen, denn auf diesem Weg wäre es möglich, nach einer Krisensituation wie der Pandemie eine viel stärkere Fokussierung auf eine digital-analoge Lebensrealität zu setzen. In der dritten Ebene würde es darum gehen, komplett neue digitale Formate zu entwickeln, die vielleicht noch in Teilen an Videokonferenzen erinnern, die aber den gesamten Optionsraum, der sich durch die Digitalisierung ergibt, nutzen, um völlig neue Formen der Vernetzung,  der Kommunikation und des gemeinsamen Arbeitens zu ermöglichen.

Das Modell der digital-analogen Strategieentwicklung

Kommen wir nur zum letzten Modell dieses Beitrages. Dieses Modell betrachtet digitale beziehungsweise digital-analoge Strategien. Es ist endstanden, als ich mir die Strategien vieler Unternehmen und Organisationen für die Nutzung des digitalen Raums angesehen habe. Gerade im Bereich der sozialen Medien wurde sehr oft versucht, einfach nur digitale Öffentlichkeitsarbeit umzusetzen, die die Menschen dazu bringen sollte, das jeweilige analoge Angebot zu nutzen. Dies sorgte zumeist dafür, dass man den Optionsraum, der sich durch Digitalisierung ergibt, nicht ausreichend erforschte und somit auch keine wirklich relevanten beziehungsweise nachhaltigen digitalen Angebote entwickeln konnte. 

Dieses Modell unterteilt digitale Prozesse beziehungsweise digitale Strategien in drei aufeinander aufbauende Module. Das erste Modul beschreibt Digitale Prozesse, die für sich alleine stehen. Die Idee ist, dass man ein digitales Angebot schafft, welches gedanklich gesehen überhaupt keine Verbindung zu einem analogen Angebot hat. Erst im nächsten Schritt wird überlegt, wie eine sinnvolle, nachhaltige und Mehrwert-stiftende Vernetzung mit dem analogen Raum aussehen könnte. Das dritte Modul schließlich beschäftigt sich dann mit der Frage, wie all diese einzelnen Elemente in eine nachhaltige Gesamtstrategie übernommen werden können. Man könnte auch sagen, im ersten Schritt geht es darum, einen für sich stehenden Lebensraum im Digitalen zu erzeugen. Im zweiten Schritt wird dieser Lebensraum mit dem analogen Lebensraum verbunden. Und im dritten Schritt geht es darum, herauszufinden und zu definieren, wie das Zusammenleben in diesem erweiterten, digital-analogen Lebensraum aussehen könnte beziehungsweise soll. 

Ich habe wie gesagt diese Modelle selbst entwickelt. Sie sind nicht sonderlich kompliziert, richtig angewendet kann man mit ihnen aber eine gute Grundlage für eine umfassende digitale Gesamtstrategie schaffen. Die Anwendung ist völlig offen. Es gibt keinen dogmatischen Ansatz, aber damit verbunden auch keine Gebrauchsanweisung. Ich nutze diese Ansätze seit über 10 Jahren und sie sind Teil meiner täglichen Arbeit. Wer zu diesen Themen und Fragestellungen mehr wissen möchte kann gerne einen Kommentar in diesem Beitrag hinterlassen. 

Beste Grüße
Christoph Deeg

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